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FERNANDO DE CÓRDOBA ist der Bannerträger einer neuen Geistesrichtung in dieser echt spanischen Philosophiegeschichte, in der nicht ein thomistischer Scholastizismus oder ein ultrierter Platonismus verherrschen, sondern die gewollt harmonische Synthese. Fernando de Córdoba setzte 1445 die Gelehrten der Pariser Universität in großes Erstaunen, als er, kaum zwanzigjährig, in einer geistigen Gesprächsrunde so wirkungsvoll hervortrat, dass er in den Gemütern einiger Gelehrten sich den Verdacht zuzog, mit Luzifer in Verbindung zu stehen. Denn es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, in so jungen Jahren eine so große Gelehrsamkeit zu besitzen. Außer seiner Muttersprache konnte er sich in lateinischer, griechischer, hebräischer und arabischer Sprache verständigen. Dieses große Wissen wurde ihm aber zum Verhängnis, er musste Paris fluchtartig verlassen. Über verschiedene Länder führte ihn sein Weg nach Rom. Als junger Dominikanermönch wurde er in dieser Stadt ermordet.
 
Dem Maler Ribera, als geisteswissenschaftlich aufgeklärter Mensch, war das Schicksal des jungen spanischen Gelehrten Anlass für ein Gemälde.

 


Kunsthistorisches Museum Wien


Fernando de Córdoba war in Wirklichkeit eine weibliche Wesenheit, die sich für ihre weltliche Aufgabe in einem männlichen Körper inkarnierte. Auch als Mann konnte sie der Kirche in der unruhigen Reformationszeit keine geistige Hilfe bringen. Der Geist dieser Zeit vollzog sich im Wirbel der gewaltigen Geisteskämpfe im religiösen und politischen Leben.
 
Fernando de Córdoba inkarnierte sich wieder in Italien im Jahre 1483 als Raffael Santi in Urbino. In dieser Inkarnation konnte er seine geistigen Ideen verwirklichen und der abendländischen Kultur einen großen Beitrag leisten.
 
Die Geschichte der  Philosophie ist ein Prozess, in dem die europäischen Denker ihre Weltanschauung und Lebensbeurteilung in wissenschaftlichen Begriffen niedergelegt hatten. Da die Kirche zu dieser Zeit jeden wissenschaftlichen Fortschritt verhinderte, kam es zu den furchtbaren Glaubenskriegen und Ketzerverfolgungen. In dieser turbulenten Zeit, in der so vieles in Bewegung geriet, schuf Ribera das berühmte Gemälde zum Gedenken und zum Schutze der Wahrheit, das den zwanzigjährigen Fernando de Córdoba bei seinen Belehrungen vor den Gelehrten der Pariser Universität zeigt.
 
Dieses Bild erweckte das Interesse des kunstsinnigen Fürsten Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich. Im Jahre 1647 wurde dieser zum Statthalter der spanischen Niederlande ernannt. Sein Hof in Brüssel wurde schnell zum Mittelpunkt aller künstlerischen Interessen. Einer der ersten, der die Gunst des Erzherzogs gewann, war David Teniers d.J. (1610-1690).
 
Nach Rubens Tod Anno 1640, war er der erste Meister der Antwerpener Schule. Er war der bekannteste Sittenmaler für Kabinettstücke, dem die Kleinmalerei im höchsten Grade geläufig war. Teniers brauchte keinen Rivalen zu fürchten, er benutzte seine Stellung so gut, dass er bald für den Erzherzog unentbehrlich wurde, der ihn zu seinem Hofmaler und Kunstexperten machte. Dieser übertrug ihm die Aufgabe, verschiedene Ansichten seiner Bildergalerie anzufertigen, die er als wertvolle Geschenke für seine fürstlichen Verwandten weiter gab.
 
Eine dieser von Teniers angefertigten kleinkünstlerischen Arbeiten zeigt die Lieblingsbilder des Fürsten in einer künstlerischen Vollendung, sodass in den kleinen Gemälden die ausführenden Künstler leicht zu erkennen waren.
 
In einem dieser Galeriebildnisse ist auch das Werk Riberas zu erkennen. Es befindet sich über der Eingangstür zur Galerie und zeigt den zwölfjährigen Jesusknaben im Tempel. Für die Darstellung der Gemälde machte Teniers sorgfältige Vorstudien. Er musste einzelne Gemälde im Kleinformat kopieren, um sie für die Bilderwände seiner Galerieansichten zusammen zu stellen.
Einzelne Gemälde wurden auch in Kupfer gestochen, andere auch als Kleinbilder über den Antwerpener Kunsthandel verkauft. Auch von Riberas „Fernando“ machte er verschiedene Kleinbilder.
 
Im Jahre 1656 erreichte die Spanische Statthalterschaft ihr Ende.

 


David Teniers d. J., „Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm“
Staatsgalerie im neuen Schloss Schleißheim